Fehlerkultur: Was wir von Piloten lernen können

Rückblick

Referenten/-innen: Prof. Dr. Jan U. Hagen, Associate Professor der ESMT–European School of Management and Technology, Berlin
Markus Niederhäuser, Dozent & Berater für Unternehmenskommunikation, Experte Krisenkommunikation, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Monica Glisenti, ehem. Leiterin Direktion Corporate Communications, Migros‐Genossenschafts‐Bund
Frank Nehlig, Leiter Unternehmenskommunikation, Hirslanden AG
Alex Biscaro, Communications Specialist & Consultant bei Biscaro Executive Communications
Fehlerkultur: Was wir von Piloten lernen können

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«Ein Fehler kann mal passieren.» – diese Einschätzung teilen viele. Wie grosszügig sind Sie beim Piloten Ihres Flugzeuges, bei der Behandlung im Spital, oder beim Detailhändler Ihres Vertrauens?

Das Miller's Studio ist ein Ort, der brisante Themen der Gegenwart kritisch und lustvoll auf die Bühne bringt. Daran knüpfte der ZPRG-Anlass zum Thema Fehlerkultur in drei Akten an. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage: „Wie gehen wir in unseren Organisationen mit Fehlern um und was kann die Corporate Communications zu einer gelungenen Fehlerkultur beitragen?“

Psychologische Sicherheit und Verantwortlichkeit fördern eine gelungene Fehlerkultur

Jan Hagen, Associate Professor der ESMT–European School of Management and Technology in Berlin, zeigte zunächst in einem Impulsreferat auf, dass in den meisten Organisationen Fehlermanagement noch immer nach dem klassischen ABC erfolgt:  Accuse, Blame, Critizise. Dass dieser Ansatz wenig zur Fehlervermeidung und einer guten Fehlerkultur beiträgt, läge in der Natur der  Sache – „Fehler lassen sich nicht vermeiden“  –  erklärte Hagen und verwies auf entsprechende Forschungsergebnisse.   Diese zeigen, dass Menschen selbst bei einfachen und häufig ausgeführten Aufgaben mit geringem Stresslevel  alle 30 Minuten einen Fehler machen. Bei komplexeren Aufgaben, die wir häufig und ohne Zeitdruck ausüben, machen wir sogar alle fünf Minuten einen Fehler.  Hagen plädiert daher dafür, über Fehler offen zu reden. Damit Fehler zur Kenntnis gebracht – also nicht nur im Vier-Augen-Gespräch oder hinter vorgehaltener Hand besprochen werden  – brauchen die Beteiligten für eine offene Kommunikation laut Hagen psychologische Sicherheit.  Dies bedeutet,  dass niemand wegen einer Frage, des Aufzeigens eines Fehlers, des Äussern einer Besorgnis oder einer Idee bestraft oder blossgestellt wird. Psychologische Sicherheit würde die Fehlermeldungen positiv beeinflussen, wie Hagens Studien im Flugverkehr zeigen. Für eine gelungene Fehlerkultur müssen Verantwortlichkeit und psychologische Sicherheit allerdings zusammenspielen, damit Beteiligte sich weder in einer Angst- noch in einer Komfort-, sondern in einer gewünschten Lernzone bewegen.

Bei der anschliessenden Diskussionrunde unter der Moderation von Alex Biscaro wurde deutlich, dass das Fehlermanagement je nach Branche und Tätigkeitsfeld unterschiedlich professionalisiert ist. So wies Frank Nehlig, Kommunikationschef der Hirslanden Gruppe, auf die extrem hohen Standards in den Kliniken hin. Diskutiert wurde auch die Frage, wie sich die Fehlertoleranz der Stakeholder in den letzten Jahren entwickelt hat. Krisenexperte Markus Niederhäuser, Dozent an der ZHAW, diagnostizierte eine Abnahme der Toleranz, würden doch heute kleinste Fehler nicht zuletzt über die sozialen Medien befeuert und skandalisiert. Monica Glisenti, Ex-Kommunikationschefin der Migros, sieht hingegen eine hohe Toleranz der Stakeholder. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man zu einem Fehler offen stehe. Einig war man sich in der Runde, dass eine offene Kommunikation über Fehler eine entsprechende Unternehmenskultur bedingt. Dass der Einzug von Künstlicher Intelligenz in die Unternehmen ein professionelles Fehlermanagement nicht obsolet macht, wurde in der Schlussrunde deutlich. Solange Menschen die Maschinen programmieren, würden auch Fehler passieren, stimmte die Podiumsrunde dem Votum von Jan Hagen zu.   

Beim abschliessenden Apéro wurde die Diskussion in kleinen Gruppen weitergeführt. Die Frage, wie ist das eigentlich in meinem Unternehmen, beschäftigte viele Teilnehmende der Podiumsveranstaltung. Die eine oder andere Anregung konnte dabei für die eigene Praxis mitgenommen werden.  

Annette Pfizenmayer, Vorstand ZPRG

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